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Ein römischer Sommer-Nachts-Traum....

Die Chronik einer heißen Nacht in Rom inklusive AusgehTipps

Sommer-Nachts-Traum in Rom - Die Chronik einer tropischen Nacht inkl. Ausgehtipps
Sommer-Nachts-Traum in Rom - Die Chronik einer tropischen Nacht inkl. Ausgehtipps

Von einen Tag auf den anderen ist sie da: diese typisch römische Hitze. Bereits seit ein paar Wochen brennt die Sonne erbarmungslos über der Ewigen Stadt. Jetzt hat sich die drückende Wärme in den Kopfsteinpflastergassen eingenistet und wird dort bis mindestens Ende September ihr hitziges Unwesen treiben. Von nun an laufen die Klimaanlagen der Stadt auf Hochtouren und die Fächer-Verkaufszahlen schnellen in die Höhe. Von nun an stellen die Römer spontan ihren Bio-Rhytmus um, bewegen sich tagsüber nur noch im Schneckentempo voran und verschanzen sich vor den Sonnenstrahlen hinter verschlossenen Fensterläden.  

 

Ab jetzt findet das pralle römische Leben erst nach Sonnenuntergang statt und meine Lieblings-Jahreszeit beginnt. Die der endlos langen Sommernächte, in denen man ziellos von einer Bar zur nächsten Piazza bummelt, mit dem Motorroller den Tiber entlang braust, zu nachtschlafender Zeit zu Abend isst oder weit nach Mitternacht in einer Bäckerei Schlange steht, während das Thermometer immer noch 29 Grad anzeigt. 

 

Im Sommer ist das Nachtleben in Rom herrlich unvernünftig. Es ist als gäbe es kein Morgen, als würden diese heißen Nächte niemals enden.  Die Chronik einer römischen Sommernacht gibt es hier zu lesen. Mehr Ausgehtipps für den Sommer findet Ihr am Ende des Artikels.

20.30 Uhr / Auf die Plätze...

Campo de Fiori in einer Sommernacht in Rom
Campo de Fiori in einer Sommernacht in Rom

Die Restaurants auf dem Campo de´Fiori, der Piazza Navona und rund um das Pantheon platzen aus allen Nähten. Mir ist bei den hitzigen Temperaturen nicht nach Pizza, Pasta & Co.. Viel lieber schlendere ich zwischen den Plätzen des Centro Storico hin und her und beobachte den abendlichen Zirkus. Auf dem Campo de Fiori trifft sich die Jugend der Stadt, um von hier aus ins nahe Trastevere zu ziehen. Sie teilen sich den Platz mit den fliegenden Händlern, die ihre Selfiesticks gegen grell leuchtendes Plastikspielzeug eingetauscht haben. Sie schleudern es hoch in den römischen Nachthimmel und schauen dabei zu, wie die Schwerkraft ihr Werk verrichtet.  Es sieht aus als würden unzählige Glühwürmchen über dem Campo kreisen.  Der Feuerschlucker auf der Piazza Navona tritt im Wechsel mit einem Michael Jackson Double auf, das in den letzten beiden Jahren auf der Piazza del Popolo durch seine Tanzeinlagen aufgefallen ist. Ich schaue keinem von beiden zu. Im Palazzo der Brasilianischen Botschaft sind die Fenster erleuchtet und geben den Blick auf ein unglaubliches Deckenfresko frei.

21.30 Uhr / Die ganze Welt beobachten

Das La Botticella liegt in der Via di Tor Mellina 32 und somit nur einen Katzensprung von der Piazza Navona entfernt. Die Stühle vor dem  Pub sind Top-Logen-Plätze, wenn es um das Beobachten von vorbeiziehenden Touristen aus der ganzen Welt geht. Cocktails sucht man auf der Karte vergebens. Dafür gibt es eine große Bierauswahl und einen Prosecco, der vom Gambero Rosso immerhin mit Tre Bicchieri (3 Gläsern) ausgezeichnet wurde. Gerade als ich mein zweites Glas Prosecco serviert bekomme, geht die Haustür des Nachbarhauses auf. Ein älterer Herr mit Rauschebart tritt heraus. Er trägt einen weißen Anzug mit Nadelstreifen, aus dem er ein rotes Tuch hervorzieht. Nachdem er sich kleine Schweißperlen vom grauen Haaransatz getupft hat, beginnt er zu singen. Nein, singen ist hier der falsche Begriff. Dieser Mann füllt mit seiner Stimme die ganze Straße, auf der urplötzlich alle Gespräche verstummen. Passanten bleiben stehen, mehr Menschen strömen von der nahen Piazza Navona herüber. Sie wollen sehen, wer mit solch einer Tenorstimme gesegnet wurde. Nach drei Opernstücken ist der Auftritt zu Ende. Das rote Tuch verschwindet im Sakko und sein Besitzer hinter der Haustür, aus der er gekommen war. Es dauert eine ganze Weile bis der tosende Beifall  abklingt.

22.30 Uhr / STau am Tiberufer

Bevor es die Nachtschwärmer in die Diskotheken der Stadt zieht, wird erst eine Runde mit dem Auto durch die Stadt gedreht. Kein Wunder also, dass sich der Verkehr am Tiber staut. Zumal bis September das Festival Lungo il Tevere stattfindet. Eine Kilometerlange weiße Zeltstadt mit Club, Bars und Restaurants lockt nicht nur Touristen sondern auch Römer in Scharen an das Flussufer. Ich beobachte den Trubel vom Motorroller aus und lasse mir den Fahrtwind um die Nase wehen.

23 Uhr / Late Night Dinner

Wer römische Küche mag kommt am Flavio al Velavevodetto (Via di Monte Testaccio 97) im Stadtviertel Testaccio einfach nicht vorbei. Nach einer erfrischenden Fahrt auf dem Motorroller und etwas kühleren Außentemperaturen knurrt auch mir mittlerweile der Magen. Das Lokal ist nicht nur für seine Pasta und seine Polpette al Sugo (Fleischklösse in Tomatensauce) bekannt, sondern auch für seinen besonderen Flair. Es ist in den Monte Testaccio hineingebaut, einem Hügel aus Scherben, die von Amphoren der antiken Römer stammen und die im einstmals  nahen Hafen zu Bruch gegangen waren.

 

Im Sommer besteht die Möglichkeit, in einem Innenhof oder auf einer kleinen Terrasse zu sitzen. Ich entscheide mich für die klimatisierten Räume mit Blick in den Scherbenhügel, Polpette al Sugo und dem herrlich kühlen weißen Hauswein.

 

(Wer nicht mit dem Motoroller unterwegs ist fährt mit der Metro B bis Piramide, von Teatro Marcello mit der Buslinie 716 bis Marmorata/Galvani. )

24 Uhr / Auf dem Gianicolo

Der Hügel, der sich über Trastevere erhebt, ist abends ein beliebter Treffpunkt. So beliebt, dass an der Balustrade der Aussichtsterrasse zu Füßen des Denkmals von Garibaldi, dem italienischen Freiheitskämpfer,  auch an diesem Abend nur schwer ein Plätzchen zu finden ist. Außerdem versperren mittlerweile hochgewachsene und nicht gestutzte Bäume einen Blick auf das römische Lichtermeer. Besser und romantischer ist die Sicht in der Nähe des Leuchtturms, der sich nur wenige Meter entfernt in den römischen Nachthimmel reckt. Wer nicht mit dem Motoroller unterwegs ist kommt von Trastevere aus zu Fuß über die Via Garibaldi auf den Gianicolo. Außerdem fahren die Buslinien 115 und 870 auf den Hügel.

00.30 Uhr / Noch mehr Stau am Tiberufer

Jetzt geht am Tiber gar nichts mehr vorwärts! Die Autos stehen so dichtgedrängt, dass nur noch Vespas mit besonders waghalsigen Fahrern durch die Lücken passen.  Allerdings kann einem bei weitem Schlimmeres passieren, als um diese Uhrzeit im Stau in Rom zu stehen. Zuerst habe ich einen tollen Blick auf die Engelsburg und später auf den Justizpalast, den Friedensaltar des Kaiser Augustus und die Piazza del Popolo.

01.00 Uhr / Auf dem Pincio

Zum zweiten Mal liegt mir heute das nächtliche Rom zu Füßen.  Vom Pincio, der Aussichtsterrasse oberhalb der Piazza del Popolo aus, habe ich freie Sicht auf die beleuchtete Kuppel des Petersdoms und den Gianicolo, auf dem ich noch vor einiger Zeit gestanden habe. Leider sind auch hier in den letzten Wochen die Bäume wild gewuchert und so erahne ich nur durch sehr viel Grün das erleuchtete Vittoriano an der Piazza Venezia. Aber immerhin entdecke ich im dunklen Dächermeer der Ewigen Stadt das flache Rund des Pantheon.

01.30 Uhr / Süße Nachtschwärmerei

Die Bäckerei Dolce Maniera in Prati (Nähe Vatikanische Museen, Via Barletta 27) hat rund um die Uhr geöffnet. Heute reihe auch ich mich  in die Schlange der hungrigen Nachtschwärmer ein und stehe auf der schmalen Treppe mit bestem Blick auf die Auslage der Kult-Bäckerei. Von Cornetti (Hörnchen) in diversen Geschmacksrichtungen über Maritozzi (Hefeteilchen mit Sahne gefüllt) bis hin zu kleinen Pizzen gibt es  alles zu erwerben, was den nächtlichen Hunger stillt. Und das zu unglaublichen Preisen, die im Falle der Cornetti bei 0,30 EUR das Stück beginnen. Wer nicht mit dem Motorroller unterwegs ist, kommt mit der Metro A bis zur Haltestelle Ottaviano zum Dolce Maniera.

02.00 Uhr / Auf dem Disco-Balkon

Auf dem heimatlichen Balkon angekommen, geht für mich das römische Nachtleben weiter. Im Sommer öffnen zahlreiche Open-Air-Diskotheken ihre Pforten. Wie das Bosco delle Fragole, das nur unweit von meinem römischen Zuhause entfernt liegt, mitten in einem Waldstück. Und so wehen die Beats  zu mir hinüber, während mein römischer Sommer-Nachts-Traum langsam zu Ende geht. Wer stattdessen lieber noch im "Erdbeer-Wald" mittanzen möchte sollte in eine Taxifahrt (www.3570.it) investieren.


Das echte, wahre, typische, römische Sommer-Nachts-Traum-Feeling  wie ich es kenne, überfällt Euch nur auf

einem Scooter oder eine Vespa. Allerdings kann ich das Ausleihen dieser Fortbewegungsmittel nur denjenigen ans Herz legen, die bereits Erfahrung haben. Der römische Straßenverkehr ist mit sehr viel Vorsicht zu genießen.

Wer sich nicht alleine durch das römische Verkehrschaos traut, kann geführte Vespa-Touren auch am Abend buchen.


Mit Bus und Metro durch die Römische Nacht:

Die Metro fährt Sonntag bis Donnerstag bis 23.30 Uhr, Freitag und Samstag bis 1.30 Uhr. Diesen Sommer (2019) gibt es leider sehr viele Einschränkungen im Fahrplan. Sollte die Metro auf bestimmten Teilabschnitten nicht verkehren, werden Busse eingesetzt. Nachtbusse fahren in Rom bis 5 Uhr morgens.


4 Ausgehtipps für den Römischen Sommer:

#1 - Römische SommerFestivals

Zwischen Juni und September ist jeden Abend etwas los in Rom: Kostenlose Jazz-Konzerte in einem Park über dem Kolosseum, Klassik am Marcellus-Theater oder Open-Air-Kino  mitten in Trastevere. Einen Überblick über die schönsten Sommer-Festivals in Rom bekommt Ihr in diesem Blog-Artikel.

#2 - Die schönsten Ausgehviertel

Monti und Trastevere sind perfekte Viertel, um in Rom die Nacht zum Tag zu machen. Tipps und gute Adressen findet Ihr in diesem Artikel.

#3 - Ein nächtlicher Spaziergang durch Rom

Nachts sind der Petersdom, das Kolosseum oder die Fori Imperiali nicht mehr wieder zu erkennen. In mildes Scheinwerferlicht getaucht und ohne Touristenmassen, zeigen sie ihre pure Schönheit. Hier ein Tourenvorschlag durch das nächtliche Rom.

#4 - Drei Open-Air-Locations

In Rom gibt es unendlich viele Lokale und Dachterrassen,  in und auf denen man tolle Nächte verbringen kann. An dieser Stelle möchte ich Euch drei meiner Lieblings-Sommer-Lokale vorstellen:

 

Tram Depot im Stadtviertel Testaccio

An einer (tagsüber) vielbefahrenen Straße haben die Besitzer des Tram Depots rund um einen Kiosk ein blühendes Café-Paradies geschaffen. Ich liebe es, hier unter Girlanden aus Glühbirnen zwischen Rosenblüten und lässigen Römern  zu sitzen, einen Bianco Spritz zu trinken oder an einer Grattachecca (handgeschabtes Eis mit Sirup und Früchten aromatisiert) zu schlürfen und darauf zu warten, dass die tropischen Nächte an Temperatur verlieren. Via Marmorata 13, geöffnet bis 1 Uhr

 

Voodoo Bar auf dem Colle Oppio am Kolosseum

Street Food Market, Restaurant, Musik, Drinks oder Massagen - die Voodoo Bar ist ein tropisches Open-Air-Nightlife-Paradies mitten im Grünen. Aktuelle Veranstaltungen auf der Facebook Seite.

Via delle Terme di Traiano 4a , geöffnet bis 3 Uhr

 

Bevere am Tiberufer

Bier aus der ganzen Welt, Street-Food und rockige Live-Musik am Tiber an der Ponte Umberto I - Bevere zieht mit seinen rustikalen Holztischen und Bänken bis September in die Nähe der Engelsburg.

Ponte Umberto I., geöffnet bis 2 Uhr 

Tipps für den Sommer-TAg in Rom: