Von Rom nach Neapel sind es über die Autobahn gerade einmal 220 Kilometer. Eine Zeitlang bin ich diese Strecke fast einmal im Monat gefahren, weil ich von diesem einzigartigen Flair in Napoli einfach nicht genug bekommen konnte. Am Fuße des Vesuvs pulsiert das Leben. Es liegt etwas elektrisierendes, herrlich unvernünftiges in der Luft, wenn man am Wochenende über die ewig lange und volle Via Toledo in die aufregenden und noch volleren Alstadtgassen zieht. Neben den atmosphärischen Besonderheiten haben es mir auch die zahlreichen kulinarischen Eigenheiten von Neapel angetan. Dazu gehört der casatiello, ein Kuchen, der traditionell zu Ostern gebacken wird.
Sein Name leitet sich von einer der wichtigsten Zutaten ab, dem Käse. Der heißt auf italienisch formaggio, was so garnicht nach casatiello klingt. In Neapel sagt man jedoch cacio und ganz früher einmal caso wenn man Käse meint und da sind doch gewisse Ähnlichkeiten zu hören. Passend zu Ostern spielen Eier eine wichtige Rolle in der herzhaften Variante des Osterkuchens. Manche Rezepte sehen sie hartgekocht und in Stücke geschnitten in dem Hefekuchen vor, andere Backratgeber setzen die Eier effektreich als Dekoration auf dem casatiello ein. Dort oben werden sie mit überkreuzten Teigstreifen verziert, die das religöse Kreuzzeichen symbolisieren. Für die Wiedergeburt steht die runde Form des Kuchen. Der casatiello schmeckt also nicht nur unwiderstehlich gut, sondern besitzt darüber hinaus österliche Symbolkraft. Die Wurzeln des Backwerks sollen übrigens schon in der Antike zu finden sein. Im Frühjahr wurde bei den alten Römern zu Ehren der Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit, Ceres, ein Brot mit allerlei Zutaten gebacken. Schriftlich belegt tauchte der casatiello allerdings das erste Mal im 17. Jahrhundert auf.
Was gehört in einen Casatiello?
Grundzutaten für einen casatiello sind Mehl, Wasser und Hefe. Daraus wird ein Brotteig gearbeitet, der ganz traditionell mit hartgekochten Eiern, Wurst, Käse und Schweineschmalz gefüllt wird. Wer schon einmal in Neapel gewesen ist, kennt vielleicht die panini neapolitani. Das sind handliche Brötchen, in deren Teig vor dem Backen alles eingewickelt wurde, was gut schmeckt: gegrilltes Gemüse und Mozzarella, Speck und Käse, Wurstbrät und Spinat... Das kulinarische Prinzip des casatiello funktioniert ganz ähnlich, eben nur in sehr viel größer und mit gekochten Eiern als Topping. Casatiello-Rezepte existieren unendlich viele. Jede neapolitanische Familie scheint ihre eigene Osterkuchen-Backtradition entwickelt zu haben. Meine Lieblings-Zutatenliste liest sich wie folgt:
Für den Teig:
700 g Mehl
450 ml Wasser
1 Würfel frische Hefe
150 g weiche Butter
20 g Salz
1 Prise Zucker
2 - 3 Umdrehungen Peffer
Für die Füllung:
125 g Pancetta in Würfel geschnitten
50 g Salami in Würfel geschnitten
125 g Käse in Würfel geschnitten (wenn Ihr Zugriff auf italienischen Käse habt, dann empfehle ich eine Mischung aus Provolone Picante und Scamorza, es schmeckt aber auch mit mittelalten Gauda in Kombination mit einem pikanten Bergkäse)
30 -50 g geriebenen Pecorino
30 - 50 g geriebenen Parmesan
4 gekochte Eier, 1 Eigelb
Zubereitung
Ich lasse mir den Teig erst einmal von der Küchenmaschine anrühren. Das Mehl, die Butter, die in ein wenig warmen Wasser aufgelöste Hefe, das Wasser und die Gewürze werden ca. 10 Minuten schön durchknetet. Nun folgt die Handarbeit. Auf einer bemehlten Fläche und mit bemehlten Händen bearbeite ich den relativ weichen Teig mit voller Inbrust. Ich drücke ihn flach und falte ihn zusammen. Diese Prozedur wiederhole ich ungefähr 10 Minuten lang. Anschließend muss der Teig für ca. zwei Stunden an einem warmen Plätzchen gehen.
Nun wird der Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche zu einem Rechteck (40 x 60 cm) ausgerollt. Bitte nicht vergessen einen Streifen vom Teig für die "Eier-Kreuze" bei Seite zu legen. Auf das Rechteck wird dann die Wurst und der Käse schön gerecht verteilt. Von der langen Seite aus rollte man den Teig auf. Aus der Rolle formt man eine Kranz, der schon ungefähr das Format einer runden Backform haben sollte. Ich habe eine 24 cm Form verwendet, 26 oder 28 cm sind für die Teigmenge defintiv besser.
Nun wird der Teigkranz in die mit Butter gefettete Backform gelegt. Die vier hart gekochen Eier werden positioniert und mit überkreutzten Teigstreifen verziert. In dieser Position sollte der Teig
jetzt noch eine Stunde gehen. Spätestens jetzt wissen alle, die wie ich eine 24 cm Form verwendet haben, warum größere Formate geeigneter sind. Dann wird der Kuchen mit Eigelb bestrichen
und kommt für 50 Minuten bei 185 Grad Ober-/Unterhitze in den Ofen.
Wenn alles gut klappt, sollte der casatiello dann goldbraun gebacken aus dem Ofen kommen. Eine halbe Stunde danach, schmeckt er mir am besten. Der Käse ist dann noch schön weich, der Speck duftet verführerisch und der Teig zergeht laufwarm auf der Zunge. Kalt eignet sich der Osterkuchen übrigens als kulinarische Begleitung für ein Osterpicknik. Wo und wie auch immer Ihr Euren casatiello genießt, ich wünsche Euch BUON APPETITO!