Das Barrocco Museum in Rom - Eine großartige antike Kleinigkeit

Aus der Rubrik "Kleine Überraschungen in Rom" gibt es heute ein Museum, an dem die meisten Rombesucher ohne es zu ahnen schon einmal vorbei gelaufen sind. Das Museo Scultura Antica Giovanni Barrocco liegt auf dem kürzesten Weg zwischen Campo de Fiori und der Piazza Navona, an der breiten Straße Corso Vittorio Emanuele II.. Von Außen lässt der Palazzo, in dem das Museum seit 1948 residiert, nicht erahnen, welch ungewöhnliche Kunstsammlung dort gezeigt wird. Es lohnt sich an dieser Stelle von den eingetretenen Touristenpfaden abzuweichen, und wenn es nur für eine Viertelstunde ist.  Die reicht vollkommen um einen unvergesslichen Eindruck von den Räumlich-keiten, und den teils skurillen Ausstellungsstücken zu gewinnen. Das Vergnügen, die große Leidenschaft des Signore Giovanni Barracco kennen zu lernen, ist übrigens umsonst zu bekommen.

Museo Barracco zwischen Campo de Fiori und Piazza Navona
Museo Barracco zwischen Campo de Fiori und Piazza Navona

Ein Adliger und seine Liebe zur Ägyptischen Kunst

Giovanni Barracco erblickte im Jahr 1829 in Kalabrien das Licht der Welt. Er hätte es durchaus schlechter treffen können. Seiner adligen Familie gehörten 30.000 Hektar Land! Als junger, reicher Mann zog es ihn in die Großstadt , nach Neapel, wo zu dieser Zeit die Bourbonen Hof hielten. In den illustren Kreisen traf Giovanni auf den Archäologen und späteren Direktor des Archäologischen Nationalmuseums in Naepel, Giuseppe Fiorelli. In dieser Zeit entstand seine Besteigerung für antike Kunst. Vor allem ägyptische Stücke taten es dem Kalabresen an.

Giovanni Barrocco hegte eine große Leidenschaft für Ägyptisches.
Giovanni Barrocco hegte eine große Leidenschaft für Ägyptisches.

Ebenso leidenschaftlich wie seine Sammlerlust war Giovanni Barrocco´s  Enthusiamus für die Idee eines geeinten italienischen Nationalstaates.  Zu dieser Zeit ähnelte Italien einem Flickenteppich aus Königreichen und zahlreichen Fürsten- und Herzogtümern. Der Norden gehörte zu großen Teilen den österreichischen Habsburgern und ihren Verwandten. In der Mitte nannte der Papst den Kirchenstaat sein Eigen, während im Süden im Königreich beider Sizilien die spanischen Bourbonen herrschten. Giovanni Barrocco schloss sich dem Risorgimento, der italienischen Einigungsbewegung an. Den großen Risorgimento-Helden und Freiheitskämpfer  Giuseppe Garibaldi soll er finanziell großzügig unterstützt haben.  Es blieb jedoch noch ausreichend Vermögen übrig, um eine beeindruckende antike Kunstsammlung aufzubauen. Zu den Schätzen aus Ägypten kamen etruskische, assyrische, griechische und römische Stücke.

Sehr viele Jahre später, genauer gesagt im Jahr 1861,  als Vittorio Emanuele II zum König von Italien und Turin zur Hauptstadt erklärt wurde, zog Giovanni Barrocco  als einer der ersten Abgeordneten in das italienische  Parlament ein. Seine wertvolle Sammlung begleitete ihn selbstverständlich in den Norden.  Keine zehn Jahre später musste er seine ganzen Büsten, Skulpturen und Sarkophage allerdings wieder einpacken.  Nach der kampflosen Eroberung des Kirchenstaates, wurde Rom 1870 die neue Hauptstadt des nun vereinigten Königreichs Italien. In Rom lebte der Kunstsammler und Politiker in einem der Palazzi auf der Via del Corso. In der Wohnung von Giovanni Barrocco hat es ausgesehen wie in einem Museum.

Hier geht´s um den Hintergrund: Das Foto zeigt die Wohnung von Giovanni Barrocco in Rom.
Hier geht´s um den Hintergrund: Das Foto zeigt die Wohnung von Giovanni Barrocco in Rom.

Im Alter von 75 Jahren entschloss sich der mittlerweile zum Senator berufene Politiker, der Stadt Rom seine üppige Sammlung antiker Kunst zu überlassen. Im Gegenzug dafür bekam seine Sammlung ein eigenes Museum am Tiber. Giovanni Barrocco starb 1914 in Rom.

Sarkophage und Totenmasken in einem Haus voller Skorpione und Bienen

Nach dem Tod des Kunstsammlers wurde auch sein Museum am Tiber aufgelöst. Genauer gesagt wurde das quasi neue Gebäude schon wieder abgerissen, weil es den städteplanerischen Fantasien der Faschisten  weichen musste. Nachdem die guten Stücke einige Jahre im Lager der Kapitolinischen Museen verbringen mussten, fanden sie Ende der 1940er Jahre  ihr neues Zuhause: "La Farnesina ai Baullari". Baullari, so hießen übrigens die Koffer- und Kisten-Macher,  die in dieser Gegend von Rom zahlreich vertreten waren.  Der Palazzo  am Corso Vittorio Emanuele II stammt aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts. Seinem Bauherrn, einem Kleriker aus der Bretagne, verdankt der Palazzo die Verzierung mit  einigen französischen Lilien. Später ging der Palazzo in den Besitz der adlige Familie Silvestri über, die enge verwandschaftliche Beziehungen zur Familie Barberini unterhielt. Die Wappentiere der beiden Adelsgeschlechter, Skorpione und Bienen, tauchen immer wieder in den Fresken des Palazzo auf.

Der Palazzo ist ein echter Hingucker.
Der Palazzo ist ein echter Hingucker.
Hohe Fenster führen zu einer Loggia, die leider nur von Außen zu bewundern ist.
Hohe Fenster führen zu einer Loggia, die leider nur von Außen zu bewundern ist.
Die französische Lilie auf Fliesen. Ein Prälat aus der Betragne hatte den Bau des Palazzo Anfang des 16. Jhd. in Auftrag gegeben.
Die französische Lilie auf Fliesen. Ein Prälat aus der Betragne hatte den Bau des Palazzo Anfang des 16. Jhd. in Auftrag gegeben.

Wozu all diese historischen Details  gut sein sollen? Ich finde sie machen einen Gang durch das Museo Barrocco zu einer persönlichen Angelegenheit.  Wenn man weiß, was diese Stücke neben ihrer ganz eigenen uralten Geschichte schon alles zusammen erlebt haben, sieht man sie mit ganz anderen Augen. Die Sphinx der Hatshepsut,  oder der nasenlose Kopf vom Pharao Sethos I. haben ganz viel junge aber entscheidende italienische Geschichte miterlebt, haben in einer Wohnung in Rom zu Dekorationszwecken gedient und in einem Lager in den Kapitolinischen Museen auf ihre Wiederentdeckung gewartet. Und jetzt dürfen sie sich in einem wunderbaren Palazzo von Rom-Besuchern bestaunen lassen. Ich finde das eine tolle Geschichte!

Museo Scultura Antica Giovanni Barrocco,

Corso Vittorio Emanuele 166/A
Öffnungszeiten: Di - So von 10 - 16 Uhr, letzter Einlass 15.30 Uhr 

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