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Verkehrserziehung aus Rom: Der Zebra-Ziel-Streifen!

Ich verzichte an dieser Stelle darauf, all die Schimpfwörter zu wiederholen mit denen ich heute Vormittag eine Smart-Fahrerin bedacht habe, die mich beim Überqueren der Straße fast umgebracht hätte. Selbstsicher, weil der Smart in langsamen Tempo heran rollte , machte ich mich auf den Weg über den Zebrastreifen. Dann sah ich aus den Augenwinkeln wie der Kleinwagen plötzlich rasant Fahrt aufnahm. Nichts was vollkommen ungewöhnlich im römischen Straßenverkehr wäre. Manchmal fahren Autos, und auch Motorroller, an Passanten auf dem Zebrastreifen einfach im Slalom vorbei. Aber für solch einen Stunt war die Straße hier viel zu schmal. Nur in allerletzter Sekunde brachte ich mich mit einem Kurzsprint in Sicherheit, während ich noch den Fahrwind des rasenden Smarts

im Nacken spürte. 

 

Ich lebe seit Jahren in Rom. Ich weiß, dass die weißen Balken auf der Straße kein sicherer Ort für Fußgänger sind, sondern wahlweise als Parkplatzmarkierungen oder gestricheltes Visier angesehen werden um arglose Fußgänger treffsicher in Panik zu versetzen.  Wenn mich also dieses morgendliche Ereignis schon so fassungslos zurückläßt, wie geht es dann Besuchern die das erste Mal am römischen Straßenverkehr teilnehmen? Um Panikattacken oder gar Schlimmeres zu verhindern, hier nun ein paar Verkehrs-Erziehungs-Tipps für das sichere Überqueren von Straßen in Rom: 

 

 

1. Gruppe Bilden oder auf Römer Warten

An vielen Orten in Rom, wie zum Beispiel der Piazza Venezia, läuft der Verkehr unkontrolliert mehrspurig. Das heißt, es werden spontan mehr Spuren genutzt als eingezeichnet oder theoretisch möglich sind. Praktisch rast eine mal 3- bis  6-spurige Blechlawine an einem vorbei und niemand hält freiwillig an. Die Wahrscheinlichkeit unversehrt und zeitnah die andere Straßenseite zu erreichen, erhöht sich mit steigender Passantenanzahl. Abgesehen davon fällt der Schritt auf die Straße in der Gruppe leichter! Idealerweise kommt ein Römer dazu, fackelt nicht lange und schmeisst sich einfach vor die Autos. Immer schön im Windschatten des Einheimischen bleiben!

2. Immer schön Augenkontakt halten

Immer schön den Augenkontakt mit den Fahrern beim Überqueren der Zebra-Streifens halten. Man überfährt nicht einfach Menschen, denen man einmal so tief in die Augen geblickt hat. Das funktioniert besonders gut bei Damen, die auf die andere Straßenseite möchten. Also theoretisch... denn in der Praxis ist dieser Tipp allerdings nur bedingt hilfreich, da ein Großteil der römischen Verkehrsteilnehmer nicht auf die Straße vor sich achtet und hauptsächlich mit dem Bedienen von Mobilfunkgeräten beschäftigt ist. 

3. Nie das Tempo verändern

Bei einer breiten Straße werden die Motorroller und ein Großteil der Autofahrer nicht anhalten, wenn Sie nicht direkt auf dem Straßenabschnitt vor ihnen auftauchen. D.h. während Sie über den Zebrastreifen gehen, werden die motorisierten Verkehrsteilnehmer vor und hinter Ihnen vorbeifahren. Dabei wird davon ausgegangen, dass Sie Ihr Schritt-Tempo nie verändern. NIE! Spontanes Bummeln oder plötzliches Rennen des Fußgängers ist nicht einkalkuliert und kann zu Kollisionen führen. 

4. Traue keinem Motoroller oder Smart

Auch wenn Busse und Autos anhalten, heißt das noch lange nicht, dass keine Gefahr droht. Oft schiessen Motoroller (aber auch Smarts, die im Motorroller-Stil gefahren werden) einfach zwischen den Autos durch. Deshalb lohnt sich immer ein vorsichtiger Blick in die schmalste Lücke! 

5. Auf Gelb folgt Rot! Und zwar Sofort!

Wer sich zum Überqueren der Straße eine Fußgängerampel sucht und in Sicherheit wähnt, den muss ich leider an dieser Stelle enttäuschen. Auch hier drohen unerwartete Gefahrensituationen! Die Ampelschaltung läuft hier etwas anders als in Deutschland. Die Grünphase ist fürchterlich kurz. Darauf folgt Gelb. Sehr lange! Wie lange, das ist äußerst unterschiedlich und somit nicht kalkulierbar. Sicher ist nur, dass sobald die Fußgängerampel auf Rot umspringt, die Autos und Motorroller schlagartig Grün angezeigt bekommen. Letztere haben sich bereits zu einem röhrenden Pulk vor den Autos versammelt, nehmen sowieso bereits die Hälfte des Zebrastreifens für sich in Anspruch und fixieren konzentriert die Ampel oder wahlweise ihr Handy. Bei Grün gibt es dann kein Halten mehr.  Ungünstig für jeden Fußgänger, der es dann noch nicht auf die andere Straßenseite geschafft hat. Offensichtlich war auch der römischen Stadtverwaltung die Problematik bewusst. Im Zentrum gibt es rund um die Sehenswürdigkeiten immer mehr Fußgänger-Ampeln, an denen angezeigt wird, wie viele Sekunden die Gelbphase noch andauert.