Out of Rom: Matera in Basilicata

Nach einer Woche klassischem Familien-Ferienspaß am Meer in San Benedetto del Tronto ging es weiter gen Süden auf die andere Stiefelseite nach Kalabrien. Auf dem Weg quer durch Italien hatten wir einen nächtlichen Zwischenstopp in Matera in Basilicata eingeplant. Berühmt und von der Unesco geschützt für die Höhlensiedlungen war mir der Ort bei meiner Urlaubsplanung ins Auge gestochen. Soviel sei an dieser Stelle schon einmal verraten: Matera ist für mich ein italienisches MUST-SEE!

Von San Benedetto del Tronto bis Matera sind es 430 km. Einen Großteil der Strecke haben wir bequem über die Autobahn entlang der Adria zurückgelegt. Ab Bari ging es ins Landesinnere. Mitten ins landschaftliche Nichts, das eingetaucht in grelles Sonnenlicht nicht unbedingt einladend wirkte. Zudem fuhren wir nun mit streikendem Navigationsgerät durch eine Dauerbaustelle, auf der dauerhaft in den letzten 10 Jahren kein Handschlag mehr getan worden war. Kein anderes Auto in Sicht, nur Felder, blendende Lichtverhältnisse wie unter einer OP-Lampe und die Frage, ob das mit Matera wirklich so eine gute Idee gewesen war. Die Fragestellung wurde noch drängender als wir Matera endlich erreichten. In Form einer Ansammlung hässlicher 70er Jahre Hochhäuser. Immer noch kein Anzeichen menschlichen Lebens.  Erst ein paar Minuten später, nach einer abenteuerlichen Fahrt durch claustrophobisch enge Gassen fand ich mich auf einer Terasse mitten in Sassi von Matera wieder. Mit einem Ausblick auf eine karge, ausgezehrte Landschaft aus der eine graue rauhe Stadt aus Fels herausragte. Ein phantastischer Anblick mit entschleunigender Wirkung. Alles wirkt so alt, nicht aus unserer Zeit, die hier vor gefühlt 1000 Jahren stehen geblieben zu sein scheint. Dazu diese unglaubliche Stille. Ohne Zweifel, Matera ist ein ganz außergewöhnlicher Ort, der jede Reise wert ist! 

Über unsere Unterkunft gibt es nicht viele Worte zu verlieren. Das Hotel lag mitten in den Sassi. Unsere Buchung für ein Zimmer mit Dachterrasse, die wir bereits vor Monaten durchgeführt hatten lag natürlich nicht vor. Die unfreundlich besetzte Rezeption und der Frühstücksraum befanden sich in einem ortstypischen Höhlenraum und unser Zimmer ohne Dachterasse bot zumindest den Blick auf eine in Fels geklöppelte Kirche.

 

Bei unserem Erkundungsgang durch die fast menschenleeren Gassen liefen wir Pascale mit Strohhut und seiner Ape über den Weg. Mit seiner "Biene", der behäbigeren Schwester der Vespa, chauffiert er Touristen durch die Sassi. Und dabei weiss er eine ganze Menge über Matera zu berichten und zu zeigen. Die ersten Siedlungen in Matera gehen bis in die Steinzeit zurück. Auf dem gegenüberliegenden Hügel liegt ein archäologischer Park, in dem sich auch unzählige alte Felsenkirchen befinden. Wenn man pilgern und bergsteigen möchte, ist man hier genau richtig.

Übrigens: Mel Gibson hat unter anderem in Matera seinen Film "Die Passion" gedreht. Was den Film nicht besser macht...aber meinen ersten Eindruck von Matera untermauert.

In den 50er Jahren galt Matera in Italien als Nationale Schande. Viele Menschen lebten zu diesem Zeitpunkt noch unter katastrophalen hygienischen Bedingungen in den Höhlenwohnungen. Die Kindersterblichkeitsrate lag bei 50 %. Per Dekret wurden die Familien zum Auszug gezwungen. Neue Häuserreihen wurden vor die Höhlen gebaut, um diese zumindest optisch zu verdecken. Heute findet das reale Leben in Matera in der "neueren" Oberstadt statt. Auf unserer Ape-Tour sind wir dort über quirlige Plätze und durch belebte Einkaufsstraßen gefahren, während die Sassi verlassen wirken. Matera hat eben viele Gesichter. Bei der langen Geschichte auch kein Wunder. 

Was man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen sollte ist Matera bei Nacht. Unfassbar schön! Noch ein kleiner kulinarischer Tipp an dieser Stelle: Wir haben den lauen Sommerabend auf der Terassse der Trattoria del Caveoso verbracht.