Aufwärmen in Molise

Im Vergleich zu Deutschland sind die Außentemperaturen in Rom noch sehr moderat. Sie liegen tagsüber noch um die 14 bis 18 Grad. Leider ist es in unserer Wohnungen genauso warm bzw. kalt. Da ist es sehr ungünstig wenn man - wie wir - in einem Appartamento wohnt, in dem es keine autonome Heizung gibt. Von der nicht vorhandene Isolierung, der Einfachverglasung und dem leichten Wind der ständig durch die Räume weht, möchte ich garnicht reden. Wobei ich an dieser Stelle darauf hinweisen möchte, dass ich unsere römische Bleibe inkl. seiner Patina ansonsten sehr schätze. Unsere Heizung wird für den ganzen Wohnkomplex erst ab dem 15. November angeschaltet. Stundenweise. Morgens und abends. Tagsüber fröstelt es ein wenig.

An diesem Wochenende hatten wir keine Lust in Fleecejacken und Moonboots in der Wohnung zu sitzen. Wir haben unsere kleine Reisetasche gepackt und sind mitten ins Nichts gefahren. An einen Ort, an dem sich die Welt ein wenig langsamer zu drehen scheint, an dem aber ein Häuschen mit einer Heizungsanlage - fast auf deutschen Niveau - steht. Sant Elia a Piansi. Von hier stammt die Familie meines Mannes. Ein kleines Dorf in Molise. Der jüngsten italienischen Region und gleichzeitig eine der ärmsten. Ansonsten kann Molise nicht mit vielen Superlativen auftrumpfen. Es liegt zwischen den Abbruzzen und Apulien, nennt ein kleines Stückchen Adriaküste sein Eigen und ist ansonsten buckelig und kantig, dank der Ausläufer der Abruzzen und des Apennins. Die Region ist Erdbebengebiet. Vor einigen Jahren hat es auch Sant Elia heftig erschüttert. Noch heute werden die Hauswände des halben Dorfes abgestützt, viele Häuser sind nicht mehr bewohnbar. Es gab einmal Nudelfabriken und eine große Mühle im Dorf. Die stehen heute leer. Die neue Tankstelle wurde von einem Erdrutsch zerstört. Jetzt gibt es keine Tankstelle mehr im Dorf. Die Einwohnerzahl hat sich in den letzten 60 Jahren halbiert. Von 4000 auf 2000. Auch ein großer Teil der Familie meines Mannes hat Sant Elia in den 60er Jahren in alle Himmelsrichtungen verlassen. Nach Deutschland, Kanada, Venezuela, Argentinien..... Ein anderer Teil ist geblieben. Sie leben allesamt von der Landwirtschaft. Es ist ein unbequemes, rauhes Leben und bietet wenig Platz für Bauernhofromantik. Die Betriebe sind klein; allein von der Familie bewirtschaftet gibt es jedoch immer mehr Arbeit als Hände.

Auch wenn meine Beschreibung auf einen verlassenen Ort hindeutet, der keinen Besuch wert ist, kommen wir gerne nach Sant Elia a Pianisi. Allein der Weg von Rom dorthin ist eine Reise wert. Nach 100 km verlässt man die Autobahn und fährt durch das Städtchen Venafro. Eine wahre Augenweide sind die unzähligen Olivenbäume die sich bis fast an die Gipfel der kargen Hühel wagen. Man passiert unzählige kleine Dörfer die sich fast trotzig an Berghänge klammern. Die Landschaft wechselt ständig. Mal hügelig bewaldet, mal bergig karg. Wenn man sich die letzten 15 km auf 650 Meter hoch über Serpentinen schlängelt, bietet einem jede Kurve einen neuen Weitblick. Im Sommer weht hier oben ein laues Lüftchen, während einem im Rom die Luft wegbleibt. Im Winter steht uns im eigenen Häuschen eine Heizung zur Verfügung, die wir anstellen können wann immer uns fröstelt. Da gibt es unsere herzliche Familie mit einer Tante, die die beste Salsicca, den besten Capicollo aus uns höchst persönlich bekannten (und oft auch gefütterten) Schweinen herstellt. Vor dem Bauernhof stehen Bäume voll mit Feigen, die einem fast von alleine in den Mund springen. Der Ausblick auf die fast baumlose hügelige Landschaft ist traumhaft. Sant Elia a Pianisi in Molise ist nicht nur eine Reise wert, wenn man Verwandtschaft besuchen möchte.

Wer Ruhe und einfaches, ursprüngliches italienisches Leben sucht ist hier, zumindest für ein Wochenende, genau richtig. Im Dorf gibt es ein B&B. Verwandte von uns betreiben einen großen Agriturismo mit Pferderanch an dem nahegelegenen Stausee. Hier kann man sich ein Doppelzimmer in einem Bruchsteinhaus mieten.

Hier der Kontakt: http://moli.se/agriturismo-molise/horse-s-ranch

Es gibt hausgemachtes Brot und Pizza. Wurst und Schinken, Olivenöl und Käse. Alles aus eigener Produktion. Wer nährere

Informationen haben möchte kann sich auch gerne an mich wenden.